Mittwoch, 1. April 2015

Abtrünnig

Ich beschäftigte mich den Tag über mit meinen Papieren, schrieb noch ein paar Anweisungen für Shani auf und überprüfte ob ich alles für meine Reise, die noch diese Nacht beginnen würde, zusammen habe. Als ich mir weitesgehend sicher war, dass alles soweit passte, ging ich noch auf einen letzten Paga ins Gasthaus, es würde für eine Hand der letzte jortsche Paga sein. Doch schaffte ich es nicht bis ganz dahin, denn der Eingang war von einer Horde Nordmänner versperrt. Gerade als ich näher kam und gegrüßt hatte, strömten sie alle auf die Terrasse, nur Shani stand noch davor und informierte mich, das in diesem Nordgewusel auch Bal, der schon fast als vermisst galt, steckte und er den Rat sprechen wollte.

Da hatte er sich einen schlechte Tag ausgesucht, die anderen Ratsmitglieder waren nicht verfügbar und ich würde gleich eine Reise antreten, so das er auf absehbare Zeit immer nur einen von uns antreffen würde. Nach Shanis Worten war Bal sein Anliegen aber dringlich, so dass ich mich aufraffte um mit ihm zu sprechen. Mal abgesehen davon das ich selber neugierig war, wo er sich die letzte Zeit herum getrieben hatte, war es natürlich interessant warum er nun auf einmal inmitten einer Horde nordischer Bauern hier auftauchte. Als ich Bal ansprach wurde schnell klar das dies komplizierter war als es anfangs schien und darum verienbarten wir das Gespräch unter vier Augen zu führen.



Zumindest versuchten wir das aber vorerst wurde ich noch von einem dieser Bauern aufgehalten der sich als Dorfjarl vorstellte und mir unbedingt einen Fisch als Gastgeschenk in die Hand drücken wollte. Mehr widerwillig und mit dem Versuch freundlich auszusehen, nahm ich den Fisch an und legte ihn dann aber ziemlich schnell auf dem Tisch in der Nähe von Shani ab. Nun sah ich aber zu das ich von hier wegkam und ging mit Bal in die Hafentaverne, die zu diesem Zeitpunkt nicht besucht war, um mir dort sein Anliegen anzuhören.

Meinen Paga hatte ich mitgenommen, so das ich mich gleich auf eine Bank fallen lassen konnte, während Bal sich erst am Tresen was eingießen musste. Ich konnte ihm also in Ruhe zuhören, verdursten würde ich auf alle Fälle nicht. Ich hoffte also das er mir irgendwas relevantes über die Nordmänner erzählen würde, was, was die Krieger freuen würden, etwas wie sie das Dorf einnehmen konnten und wieviel Beute sie dort machen könnten. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht, viel mehr war es so das sich meine schlechten Vorahnungen bestätigten. Ich ließ meine Hand sinken und meine Pagaschale setzte geräuschvoll auf.


Die Worte "nicht mehr heimisch fühlen" weckten bei mir weitere Befürchtungen und als er mit seiner Rede  fertig war, fragte ich ihn frei heraus und sehr direkt ob er unserem Heimstein abschwören will. Genau das bestätigte er mir, er will vor den Rat treten und diesen über genau jenen Beschluss informieren. Meine Gedanken rasten und ich spielte die verschiedenen Optionen durch die ich hatte. Ich konnte ihn vorm Rat ins offene Messer, beziehungsweise auf den Pfahl, laufen lassen oder gleich die Wachen alarmieren. Genauso könnte ich ihm hier und jetzt Salz, Brot und Feuer verweigern und Bal aus Jorts Fähre verbannen. So hatte er zumindest die Chance am Leben zu bleiben.

Immerhin galt dem Heimstein abzuschwören als großes Verbrechen, wurde dem Verrat gleichgesetzt und würde er dies erst vor dem Rat verkünden, blieb diesem auch nichts anderes übrig als hart durchzugreifen. Schlussendlich entschied ich mich aber für eine dritte Variante. Ich empfahl ihm, die Stadt sofort zu verlassen, so könne er, wenn er irgendwann merkt das Jorts doch seine Heimat ist, zurückkehren. Er verstand mich erst nicht, meinte er wollte sich ehrenhaft und ehrlich vor dem Rat verabschieden. Doch hier gab es nur eine Ehre und das hieß, zu seinem Heimstein zu stehen. Wenn er jetzt nicht gegangen wäre, wäre er jetzt nicht einsichtig gewesen, hätte ich doch zu einer der anderen Optionen greifen müssen, denn immerhin riskierte ich hier gerade Kopf und Kragen für ihn.

Jetzt endlich begriff er, er trank aus und verabschiedete sich von mir um dann zur Herberge zu stürmen um dort seine Nordfreunde zusammen zutrommeln. Als ich selber die Herberge betrat war er schon zu seinem Wohnhaus verschwunden um dieses auszuräumen. Auf die Nachfragen der restlichen Gäste hier, antwortete ich ausweichend und erwähnte nur das Bals Reise wohl noch eine Weile andauern wird. Dann gab ich Shani ein Zeichen, das wir gehen, wollte ich doch noch den Fisch vor meiner Abreise zubereitet und verspeist haben.

GR

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen